von Dagmar Brunner, in der Programmzeitung April 2017, S. 21
Peter Thommen hat zwei langjährige Leidenschaften: Bücher und Männer. Und so war es naheliegend, dass er auch sein Berufsleben entsprechend gestaltete, indem er im April 1977 im Kleinbasel einen Buchladen für schwule Literatur und Kultur eröffnete. Das war damals eine Pioniertat, die erste schweizer Buchhandlung mit diesem Sortiment, geführt von einem Kenner der Buch- wie der Gayszene. Vorausgegangen waren ein Versandhandel mit Schwulenmagazinen und -büchern, den Thommen seit 1974 betrieb, sowie diverse abgeschlossene Ausbildungen: Handelsschule, Buchhändlerlehre beim S. Karger Verlag und der Schule für Sozialarbeit.
Der Baselbieter stammt aus einem nichtintellektuellen Elternhaus, lernte bereits vor der Schule lesen und schrieb später für eine kirchlich-lokale Jugendzeitschrift. 1974 wurde er Mitbegründer der HABS und engagierte sich fortan vielfältig, mit Artikeln und Radiosendungen (Radio ONE, Dreyeckland), politischen Aktionen und und Blogs für die Rechte von Schwulen und Nichtheteros. Mit dieser Arbeit an der Front schuf er sich nicht nur Freunde, die eigenen Leute warfen ihm vor, Profit aus ihrer Situation zu schlagen. Thommen hatte ein dickes Fell und blieb ein kritischer, eigenwilliger, aber immer gesprächsbereiter Kopf.
Längst ist sein kleiner Laden, einst ein landesweit bekannter und wichtiger Szene-Treffpunkt kein „must“ mehr für die Liebhaber einschlägiger sowie ausgewählter zeitgenössischer Literatur, und selbst mit Videos ist kein Geschäft mehr zu machen. Mit dem Internet veränderte sich auch der Buchhandel, finanziell wurde es eng. Heute bestellen die Kunden selber, neue Kanäle haben sich etabliert. Peter Thommen nimmt’s gelassen, bedauert aber, dass viele Schwule sich ins Private zurückziehen oder an den Hetero-Mainstream anpassen und vermisst eine aktive Basis, engagierte Intellektuelle, fundierte Auseinandersetzungen.
Bereits im Pensionsalter, will er nun zum Jahresende seinen Laden aufgeben, aber ansprechbar bleiben für Anliegen der Community, sowie für Buchempfehlungen. Mehr Zeit zum Lesen haben – mit diesem Wunsch ist er jedenfalls in bester Gesellschaft.
Wir müssen uns nicht rechtfertigen. Nach 40 Jahren ist genug