Zum Interview von haz-Vertretern mit dem Ethnopsychoanalytiker Paul Parin (1916-2009) in der Broschüre „20 Jahre Stonewall“ von 1989
Die Schwulenbewegung war 1989 in mächtigem Umbruch. Nachdem in den 70ern „Öffentlichkeit“ hergestellt worden war, waren wir von der Todesbedrohung AIDS eingeholt worden. Die Lesben waren daran, sich auch „einen Platz“ als Bewegung zu erobern.
Das Interview ist als Zeitfenster interessant, weil es einen Blick in die historische Vergangenheit und deren Politik gewährt, aber auch Fragen an „unsere“ Zukunft ab 1989 stellt.
Parin erwähnt die Bedeutung der Frauenbefreiungsbewegung, der Lesbenbewegung und der Schwulenbewegung, sowie die politischen Mechanismen ihrer Unterdrückungsversuche. Im Vergleich zu Juden und Schwarzen hat die Mehrheitsgesellschaft selber Anteile von homosexuellen Regungen und kämpft damit gegen einen Teil ihrer selbst. Zu reden gaben auch verstärkte Repressionen – zB in Grossbritannien (Thatcher/Konservative) mit ihren „neuen“ Verboten.
Gab es damals einen „Backlash“? War er unvermeidbar? Interessant auch die Vergleiche mit dem Antisemitismus. Parin (übrigens ein Zeitgenosse Sigmund Freuds) ärgert sich über den reaktionären Konservatismus der Schweiz. (Er schrieb auch über die „Bewegung“ der 80er in Zürich)
Aber die Schweizer (anti) AIDS-Kampagne sei gar nicht so schlecht gelaufen. Und vor allem, weil die betroffenen Schwulen sich aktiv eingeschaltet hatten.
Die haz-Vertreter fragen auch, wie ein effektiver Kampf gegen Repression denn aussieht! Auch zu den „unpolitischen“ Individuen äussert er sich. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Frauen- und Schwulenunterdrückung? Wie sah Parin die „Grenzen der Solidarität“ bei Linken und Arbeiterbewegung? Wo sollen wir uns anschliessen?
Wie würde eine Gesellschaft aussehen, in der es keine sexuelle Repression mehr gäbe? Parin meint, dass sich Wilhem Reich getäuscht hatte. Wie soll mann sich denn eine solche vorstellen, in der mann sich aufgehoben fühlt? Er habe sich daran gewöhnt, dass er sich nicht an die Gesellschaft gewöhnen werde!
Was hat sich in den letzten 20 Jahren (vor 1989) für den Einzelnen geändert? Und: „Dass man angefeindet wird, kommt im Leben sowieso vor.“ Und noch interessanter, was sind 1989 die Aufgaben einer Schwulen- und Lesbenbewegung? Es sei ein ganz anderes Leben, wenn man aktiv an seinen Interessen arbeitet, statt immer nur das Opfer zu sein. Peter Thommen_73